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Erfahrungen
Hallo, ich heisse Jessica und bin 22 Jahre alt.
Meine Vorgeschichte
Die Hüftdysplasie wurde bei mir schon im Alter von wenigen Monaten erkannt. Ich
habe ca. 2 Jahre eine Spreizhose getragen, danach war - nach Information der
behandelnden Ärzte - alles in Ordnung.
Meine Vergangenheit holt mich ein
Mit 15 fingen die Probleme an. Ich dachte zuerst, dass wären Schmerzen, die mit
dem Wachstum zu tun hätten, da sie vorher selten, in unregelmässigen Abständen
und auch nicht so stark aufgetreten sind. Die Schmerzen wurden dann aber immer
schlimmer und der behandelnde Orthopäde sagte gleich klar, dass da ohne OP
nichts mehr laufen würde und hat mich gleich an die Städtischen Kliniken
Dortmund überwiesen.
Städtische Kliniken Dortmund
1998, nach 1,5 Jahren Wartezeit, in denen ich mich wegen der starken Schmerzen
nur mit Krücken fortbewegen konnte, war es dann soweit. Mit knapp 17 erfolgte
die 3-fach Beckenosteotomie an meiner linken Hüfte. Mit 18,5 Jahren wurde dann
auch die rechte Hüfte operiert.
Ich war auf der O3, das ist die Kinderorthopädie. Die Leute dort waren echt
super nett und ich habe mich immer gut aufgehoben gefühlt.
Trotzdem war ich froh, dass ich eigentlich immer super schnell wieder auf den
Beinen war und es zumindest bei den beiden 3-fachen keine Komplikationen gab.
Bis auf die letzte Metallentfernung verlief alles nach Plan. Nach jeweils ca. 5
bis 6 Monaten war ich von Gesunden (ohne Hüftprobleme) nicht mehr zu
unterscheiden. Das hat sogar meine Ärzte verblüfft.
Die letzte Metallentfernung war nicht so der Hit, weil ich extrem harte Knochen
habe. Das Metall hatte sich schon beim Reindrehen verbogen und liess sich
entsprechend schlecht entfernen. Eine Schraube war abgebrochen. Allerdings so
unglücklich, dass der Rest nicht drin bleiben konnte…
Es wäre ja sonst auch zu langweilig gewesen.
Endlich Zuhause
Tja, und nun?!? Ich wurde liegend nach Hause transportiert und dort war auch
alles soweit vorbereitet. Ein Krankenbett, eine Toilettenerhöhung - alles war
vorhanden. Meine Eltern haben mich versorgt, so gut es ihnen möglich war. Dafür
bin ich heute noch dankbar, denn in dieser Zeit, war ich manchmal ganz schön
genervt. Das ewige Liegen bereitete mir ziemliche Rückenschmerzen und ich war
froh, als ich bei der Röntgenkontrolle nach 6 Wochen grünes Licht bekam und
mich wieder hinsetzen durfte. Soweit so gut.
Nach 3 Monaten fragte ich die Ärzte in Dortmund, ob ich zusätzlich zum
Belastungsaufbau an den Stützen auch Heimtrainer fahren dürfe. Die waren über
meine Anfrage sehr erstaunt und meinten, dass das ziemlich schmerzhaft sein
könnte. Allerdings sprach aus medizinischer Sicht nichts dagegen und dem
Muskelaufbau könne dies auch nicht schaden. Zuhause liess ich mir gleich den
Heimtrainer ins Wohnzimmer stellen. Ich hatte noch Schulferien und im Fernsehen
lief passend dazu die Tour de France. Am ersten Tag liess ich es dann noch locker
angehen. Ich glaube, es waren so um die 30 oder 35 Kilometer, aufgeteilt in
mehrere kleine Abschnitte. In der Zeit darauf habe ich auf diese Art täglich so
zwischen 60 und 70 Kilometer runtergestrampelt. Natürlich in der ersten Zeit in
einem leichten Gang und auch nicht allzu schnell. Nach und nach habe ich dann
alles gesteigert, je nach Befinden. Für den Muskelaufbau war das wirklich super.
Ich kann das nur jedem empfehlen. Bei der Kontrolle waren alle ziemlich aus dem
Häuschen, dass alles so super aussah. Die meinten glatt, dass ich gar keine
Physiotherapie mehr bräuchte. Aber halt, so einfach war das auch wieder nicht.
Die Muskulatur sah zwar toll aus, aber die Beweglichkeit an sich war relativ
schlecht. Ich konnte mir z. B. nicht die Schuhe zubinden. So bekam ich von
meinem Orthopäden 10 x Physiotherapie verordnet. Das war alles. Bei der zweiten
Seite benötigte ich keine zusätzliche Physiotherapie mehr. Wie schon beim ersten
Mal machte ich in den ersten 6 Wochen die Übungen, die man mir im Krankenhaus
gezeigt hatte. Nach 3 Monaten bestieg ich meinen Heimtrainer wieder und machte
die Übungen aus der Physiotherapie, von denen ich wusste, dass sie meine Beweglichkeit
verbessern würden. Das war eigentlich schon alles.
Ach ja, und ich habe die Zeit in der ich eigentlich nicht reiten sollte jeweils
etwas abgekürzt. Mindestens 6 Monate sollte ich aussetzen!!! Schrecklich. Da ich
die Jahre vorher auch nicht reiten konnte, wegen der Schmerzen, musste ich was
dagegen tun. Bei ersten Mal habe ich die Zeit dann so auf ca. 4 Monate abgekürzt.
Es hat den Heilungsverlauf jedenfalls nicht beeinträchtigt. Beim zweiten Mal war
ich sogar noch schneller: Ich wollte es in weniger als 100 Tagen wieder aufs Pferd
schaffen. Also habe ich mir am 99. Tag das Pferd satteln lassen und bin - trotz
Krücken - sogar alleine hoch gekommen. Welch Glücksgefühl. Ich hatte meinen
Dickschädel wieder mal durchgesetzt. Allerdings würde ich anderen Menschen
niemals dazu raten, die Anweisungen der Ärzte zu umgehen. Ich habe es nur gemacht,
weil ich mir bei meinen Pferden 1000%ig sicher sein konnte, dass sie auf mich
aufpassen würden. So war es dann auch: Sobald ich oben sass, gingen beide wie auf
rohen Eiern und passten auf, dass sie ja nicht stolperten. Und jeden noch so
kleinen Buckler haben sie sich auch verkniffen. Man sollte das also nicht unbedingt
nachmachen ;-)
Fazit
Ich bin mehr als zufrieden mit den Ergebnissen der OPs. Die Beweglichkeit ist so
gut wie bei Menschen, die nie ein Hüftproblem hatten und ich bin auch entgegen
der Prognose der Ärzte voll belastbar (das war eine meiner grössten Motivationen,
frei nach dem Motto "Denen werde ich es schon beweisen!"). Schmerzen habe ich nur
ab und zu bei heftigen Wetterumschwüngen (z. B. Gewitter oder Kälteeinbrüche usw.).
Die sind aber bei weitem nicht so stark, wie vor den OPs.
Ich reite auch wieder und tue alles, was mir Spass macht. Ich habe mich durch die
3-fachen nicht einmal von meinem Abi abhalten lassen und habe, entgegen der
Meinung meiner Lehrer keine Ehrenrunde hingelegt. Ich bin nach jeweils 3 Monaten
wieder normal zur Schule gegangen und hatte mich in keinem Fach verschlechtert.
Allerdings sind meine Englischlehrerin und mein Mathelehrer ein paar Mal zu mir
nach Hause gekommen, was ich sehr nett fand.
Was ich Euch damit sagen will: Lasst bloss nicht den Kopf hängen. Glaubt an Euch
und zeigt Durchhaltevermögen und Biss auch wenn es noch so schwer und schmerzhaft
ist. Ihr werdet es bestimmt nicht bereuen. Ich drücke Euch allen die Daumen und
wünsche allen Betroffenen gute Besserung.
Jessica Hillert, 31.08.03
Die hier veröffentlichten Erfahrungsberichte geben die subjektive Meinung der
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