|
|
Erfahrungen
Hallo, mein Name ist Elke Leininger und ich möchte die Homepage von
Bettina nutzen um Euch meine Lebensgeschichte "Hüfte" zu erzählen.
Meine Vorgeschichte:
Ich kam am 23.09.1967 mit angeborener
Hüftdysplasie beidseits zur Welt. Trotz öfterer Untersuchungen durch die
Amtsärztin wurde meine Krankheit nicht erkannt. Die übliche
Untersuchungsform, der Vergleich der Speckfältchen am Po, erbrachte kein
Ergebnis, da diese auf beiden Seiten gleich waren. Man meinte, dass ich
einfach etwas später laufen lernen würde. Erst nachdem man am entstehenden
Gangbild ein Problem erahnte, wurde ich in der Universitätsklinik in Homburg/Saar
auf Hüftdysplasie untersucht. Dort erkannte man dann sehr schnell den wahren
Grund und handelte umgehend. Ich bekam für ein halbes Jahr Spreizhosen an,
wonach der gewünschte Erfolg jedoch ausblieb. Dies half nicht weiter, und ich
bekam einen Vollgips für ein weiteres halbes Jahr. Wieder blieb die erhoffte
Heilung aus. Es lag eine schwere Hüftdysplasie beidseits vor. Die Fachärzte
entschieden sich für eine Operation. Es wurde eine Pfannendachplastik nach
Mittelmeyer, benannt nach dem damaligen Oberarzt der Uniklinik, durchgeführt.
Dort war ich in sehr guten Händen, und der Oberarzt operierte mich sogar
persönlich, obwohl ich nicht privat versichert war. Es wurde erst die rechte
Seite operiert.
Meine Babyoperation:
Die damaligen Krankenhausvorschriften liessen einen Besuch der Eltern nicht
zu. So musste ich viele Wochen als nicht ganz zweijähriges Mädchen,
getrennt von meinen Liebsten, alleine im Krankenhaus verbringen. Nicht ohne
Grund entstanden damals Hospitalismussymptome unter solchen Bedingungen. Zum
Glück überstand ich das Ganze durch die tiefe Liebe meiner Eltern unbeschadet.
Ohne sie wäre ich sicherlich ein anderer Mensch geworden. Geschichten von
damals, an die ich mich nur aufgrund der Erzählungen noch erinnern kann,
lassen mir heute noch einen Schauer über den Rücken laufen. So sah z.B. meine
Mutter, versteckt hinter einer Tür, dass ich einen Fleck im Gesicht hatte.
Sie durfte nicht ins Zimmer wegen ansteckender Krankheiten, und wenn ich
meine Eltern sah, weinte ich fürchterlich und wollte mit nach Hause, weshalb
sie sich hinter Türen und Fenstern versteckten um von mir nicht bemerkt zu
werden. Als nun meine Mutter die Krankenschwester nach dem Fleck fragte, hiess
es nur, dies sei eine Fliege in meinem Gesicht. Sie verschwiegen damals, dass
ich die Windpocken hatte. Erst, nachdem mich meine Eltern übers Wochenende
einmal nach Hause holen durften, entdeckten sie die wahre Ursache des Flecks.
Zwischenzeitlich drehte ich nur noch ein Schnürchen in meinen Händen, da der
Juckreiz unbeschreiblich war. Die Pocken hatten sich alle unter dem Gips bei
schöner Temperatur versammelt. Meine Nervosität war nur verständlich. Es war
auch eine Qual für meine Eltern, die mit Hilfe eines Stöckchens versuchten,
den Juckreiz unterm Gips zu lindern.
Etwas ausführlicher sei hier meine Babyoperation aufgeführt, weil es mich
selbst wundert, dass ich damals keinen psychischen Schaden davontrug. Meinen
Eltern versprach man gar nichts und es wäre nicht vorauszusehen, ob ich
jemals richtig laufen könnte. Kinder könne ich wegen der vielen
Röntgenaufnahmen sehr wahrscheinlich auch keine bekommen. Was müssten auch
die Eltern unter dieser Geschichte leiden!
Geschafft!?
Nachdem ich nun die beidseitigen Operationen soweit gut überstanden hatte,
durfte ich ein ganz normales Kind sein. Mit 15 Jahren fing ich sogar an
Basketball zu spielen. Einige Übungen im Sportunterricht fielen mir schwer,
doch die Lehrer waren von meinen Eltern über meine Kindheitsgeschichte
informiert, und so bekam ich sogar in Sport immer ganz gute Noten.
Ich erlernte den Beruf der Erzieherin, da man mir sagte, ein Beruf bei dem
ich sitzen und stehen könnte, wäre ideal. Einziger Nachteil hier bei waren
und sind die kleinen Stühle. Na ja, was ist schon ideal!?
Meine Vergangenheit holt mich ein
Mit ca. 20 Jahren kamen die ersten Beschwerden. Ich bekam nach längerer
Belastung wie z.B. Spaziergängen und viel Sport leichte Beschwerden. Ich
lernte damit umzugehen.
Mit 25 Jahren wurde ich dann schwanger. Meine Eltern waren überglücklich und
sprachen von einem Wunder. Während der Schwangerschaft hatte ich
keine Beschwerden. Man erklärte mir, dass sich die ganzen Sehnen dehnen und
der Körper weicher wird. Ich war begeistert und dachte, am besten wäre ich
immer schwanger, dann hätte ich keine Beschwerden mehr. Man kann es kaum
glauben, aber ich gebar mein 3840 Gramm schweres Kind ganz normal.
Die böse Überraschung kam wenige Wochen nach der Entbindung. Ich bekam solch schlimme
Schmerzen, dass ich 2 Wochen im Bett liegen musste, weil jeder Schritt und
jede Bewegung weh taten.
Daraufhin beschloss ich einen guten Orthopäden aufzusuchen. Er erklärte mir, dass
die Hüfte sehr schlecht steht und er eine 3-fache Beckenosteotomie empfehlen würde.
Städtische Kliniken Dortmund
Dortmund war für mich eine kleine Weltreise, doch ich entschied mich trotz
Familie für diese Klinik. Da Dortmund aber zum Teil Wartezeiten von bis zu
3 Jahren hat, war eine OP so schnell nicht abzusehen.
Plötzlich erhielt ich ein halbes Jahr später den Anruf, ich würde am 6. April
1997 operiert werden. Es wurden alle Vorbereitungen getroffen.( Kernspintomografie, Eigenblutspende, Röntgen........).
Man klärte mich über Risiken auf, und ehe ich mich versah, lag ich im
Krankenbett, fern ab der Heimat.
Nach der OP ging es mir schlecht. Ich hatte unglaubliche Schmerzen und dachte,
ich würde nie wieder im Leben fähig sein, auf meinen eigenen Beinen zu stehen.
Ich bekam Ischias Beschwerden und nervte die Ärzte, weil ich vor Schmerzen im Fuss
meine Hüft OP fast völlig vergass. Da der Fuss nicht belastet werden durfte, war er
schlecht durchblutet. Die Ärzte versicherten, es sei kein Neurologisches Problem
und dem war auch so.
Ebenfalls hatte ich soviel Blut bei der OP verloren, dass ich 3 Wochen brauchte, um
wieder einigermassen zu Kräften zu kommen. Der Genesungsverlauf glich in etwa dem
von Bettina, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe.
Erst nach einem halben Jahr bekam ich langsam wieder die Hoffnung, doch noch
einmal das Laufen zu erlernen, und meine Ischiasbeschwerden wurden auch besser.
Nach etwa einem Jahr psychischer, seelischen und auch körperlicher
Beschwerden, wurde ich langsam wieder die alte. Ich hatte 5 Kilo abgenommen
und sah mit 1.72 m und nur noch 52 kg ohne Farbe im Gesicht wohl doch sehr
gespenstisch aus, wie mir später mitgeteilt wurde.
Fazit
Inzwischen sind 5 Jahre vorbei. Davon war ich rechts (operierte Seite) etwa
viereinhalb Jahre schmerzfrei, was man mir nach der OP auch versprochen hatte.
Leider meldet sie sich zwischenzeitlich schon wieder.
Eine Operation der linken Seite steht eventuell noch aus. Meine linke Hüfte
meldete sich mit leichten Schmerzen gleich nach der OP in Dortmund.
Ich habe jedoch bis heute noch keine grosse Lust, mich mit dem Gedanken einer
weiteren OP zu beschäftigen. Ich war wohl abermals in Dortmund, und die Ärzte
meinten, ich könne noch ein paar Jahre warten, da unser 2. Kind seine Mama
zur Zeit noch braucht. Dieses gebar ich 1999 per Kaiserschnitt, da das 4120 g
schwere Kind nicht durch das inzwischen enger gewordene Becken
passte.
Vor 4 Monaten entschied ich mich für eine PST Therapie, die mir auch
etwas Linderung verschafft hat. Sport betreibe ich keinen mehr.
Grössere Spaziergänge sind auch nicht mehr möglich. Meine Kinder müssen oft auf
Toben und Herumtollen mit der Mama
verzichten, weil sie wissen, sie kann das nicht. Nie und nimmer wollte ich
meine Kinder missen, denn sie machen das Leben erst lebenswert.
Meine Kinder
Unser Kleinster hat eine leichte Hüftdysplasie von mir geerbt. Sie wurde bereits
bei der Ultraschallkontrolle im Krankenhaus diagnostiziert. Wir mussten ihm im
ersten Jahr 6 Monate eine Spreizhose anziehen und Voyta Gymnastik machen.
Es ist gut, das es heutzutage die Ultraschalluntersuchung gibt, denn je früher
die Diagnose "Hüftdysplasie" gestellt wird, desto grösser ist die Aussicht mit nicht
operativen Massnahmen eine gute Stellung der Hüfte zu erreichen. Ich weiss, dass
die Chancen der Nachreifung der Hüfte steigen, je konsequenter die Behandlung
erfolgt. Und somit war ich in dieser Beziehung sehr streng mit meinem Sohn.
Es gibt viele, die die Hüft-Geschichte auf die leichte Schulter nehmen und nicht
wissen, was es für Konsequenzen haben kann. Mit meinen Erfahrungen möchte ich verdeutlichen,
welche körperlichen und psychischen Belastungen eine Operation darstellt, auch wenn
die Vorschriften heutzutage in den Krankenhäusern menschlicher sind.
Die Hüftsituation meines Sohnes hat sich durch die konservative Behandlung gebessert,
doch leider ist eine eventuelle Operation mit 5 Jahren noch nicht völlig
auszuschliesen. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass er nicht das selbe
durchstehen muss wie ich.
Sein grosser Bruder hat Glück und hat eine völlig gesunde Hüfte.
Zukunft
Was die Zukunft bringt, weiss ich nicht. Eine Heilung dieser Krankheit wird es
nie geben. Ich versuche das beste aus meiner Situation zu machen und lebe
als glücklicher und zuversichtlicher Mensch mein Leben.
Ich wünsche allen Leidensgenossinnen und Genossen viel Glück eine gute und
richtige Entscheidung für Ihre Probleme zu finden.
20.09.02, Elke Leininger
Die hier veröffentlichten Erfahrungsberichte geben die subjektive Meinung der
betreffenden Personen wieder. Eine Zustimmung zur Veröffentlichung liegt mir von
den jeweiligen Personen vor. Ich übernehme keine Haftung für die Richtigkeit
und/oder Vollständigkeit der Beiträge. Bitte beachtet auch den Haftungsausschluss!
|
|
|
|