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Erfahrungen
Hallo, ich heisse Helena, bin 21 Jahre alt und komme aus dem kleinen Münster ganz in
der Nähe von Darmstadt.
Meine Vorgeschichte:
Ich bin im Juni 1985 in Höxter (NRW) geboren. Da meine Mutter auch Hüftdysplasie hatte, hat man
mich bewusst daraufhin untersucht und die Dysplasie schnell erkannt. Ich war als Baby 4 Wochen
im Brakeler Krankenhaus. Dort hat man mir die Hüfte ausgerenkt, in "Spagatstellung" die
Gelenkköpfe wieder tiefer eingerenkt und diese Position mit Gewichten unterstützt. Nach dem
Krankenhausaufenthalt trug ich 4 Monate eine Spreizhose.
Einmal im Jahr sollte ich mich untersuchen lassen. Bedingt durch unseren Umzug nach Hessen sind
meine Eltern mit mir in die Uniklinik nach Frankfurt ins Friedrichsheim gegangen. Ich war immer
ein Grenzfall wenn es um das Thema OP ging; wir warteten also lieber meine Entwicklung ab.
So kam es dann auch, dass ich eine unbeschwerte, OP-freie Kindheit hatte und auch Sport treiben
konnte... Als ich 17 war ging ich
aufgrund von Rückenschmerzen zu meinem Orthopäden, der mich erneut an der Hüfte untersuchte
und sagte, dass ich operiert werden müsste...
Am Anfang wollte ich die Nachricht, dass ich operiert werden soll, nicht akzeptieren,
schliesslich hatte ich noch keine Beschwerden. Ich ging zu vielen Ärzten, um deren Meinung
einzuholen. Von ca. 10 verschiedenen Ärzten war nur einer der Auffassung, dass der Eingriff zu
gross sei für eine eventuelle Besserung... Durchs Internet habe ich von Dortmund erfahren und
ich beschloss, mich dort vorzustellen, doch mich vor dem Abitur nicht operieren zu lassen.
Verzweifelung:
Die Schmerzen fingen ganz langsam an. Nachdem ich wusste, dass ich operiert werden soll, dachte
ich manchmal sogar, dass ich mir die Schmerzen nur einbilde. Allerdings fing dann 2004 auch ein
Stechen in der Leistengegend an, wenn ich nach langem Sitzen aufstehen wollte. Dieser stechende
Schmerz ging nur weg, wenn ich ein paar Schritte ging. Aber wie die Ärzte voraussagten, konnte
es nur schlimmer werden. Wie viele andere berichten, waren auch bei mir die Beschwerden
unterschiedlich. An manchen Tagen konnte ich viel laufen und abends tanzen (was mit Sicherheit
auch an der Laune lag) und an anderen Tagen dauerte es nicht lange, bis ich diesen Druckschmerz
in der Leiste spürte. Jazzgymnastik, Schulsport und meinen Job in einem Restaurant gab ich auf.
Die schmerzfreie Zeit wurde immer kürzer... immer schneller hatte ich Beschwerden.
Im Sommer 2005 war es dann soweit, dass ich an schlechten Tagen mit Krücken lief. Meinen
schmerzhaftesten Tag hatte ich, nachdem ich einen Tag zuvor mit Freunden Beach-Volleyball
gespielt hatte. Die Schmerzen liessen durch Sitzen nicht nach, also lag ich einfach nur im Bett,
bis es besser wurde. So schlimm war es dann deshalb nicht mehr, weil ich Sport und längere
Strecken zu Fuss mied. Das war natürlich eine Einschränkung, die keine Aussicht auf Besserung
hatte und deshalb etwas unternommen werden musste.
3fach Beckenosteotomie nach Tönnis:
Im August 2005 stellte ich mich in Dortmund vor. Da ich bis zum OP-Termin bis 2008 hätte warten
müssen, schlug mir Dr. Kalchschmidt vor, mich in Bottrop, Bremen oder Wuppertal zu melden, wo
die Wartezeiten noch nicht so lange sind.
Ich entschied mich für Wuppertal, da ich wusste, dass Dr. Pothmann (damals noch in Bottrop -
jetzt in Unna) auch schon lange Wartezeiten hat und Bremen einfach zu weit ist von Darmstadt
aus. In Wuppertal war mir Dr. Cordier auch sehr sympathisch, sonst hätte ich mich
wahrscheinlich nochmal woanders vorgestellt. Dr. Cordier war selber in Dortmund als Oberarzt
tätig und hat dort bei einigen hundert Triple-Osteotomien zugesehen und selber einige hundert
durchgeführt. Ich fühlte mich in erfahrenen und sicheren Händen und machte einen Termin für die
OP für den 14.02.2006 fest.
Ab ins Krankenhaus, St. Josef in Wuppertal:
Ein halbes Jahr später war es dann soweit. Drei Wochen vor dem Termin habe ich 3 mal je 0,5
Liter Blut beim DRK in Frankfurt gespendet, welches ich dann auf dem Weg nach Wuppertal abholte
und selber im Auto transportierte.
Ich war eine Nacht auf der Intensivstation und dann noch weitere 9 Nächte auf der Station bis
ich entlassen wurde. Ich durfte am 4.Tag post op einmal vors Bett treten, weil kreislaufmässig
noch nicht mehr drin war. Am 5. Tag konnte ich schon auf die Toilette rollen mit dem tollen
Rollwagen, auf dem man sich anfangs super abstützen kann, bis man dann 2-3 Tage später auf die
Krücken umstellt.
Da meine Bettnachbarn Leidensgenossinnen waren, hatte man immer recht viele Gesprächsthemen...
die Schwestern waren auch alle sehr nett und die Zeit ging einigermassen schnell um. Als ich
zeigte, dass ich körperlich nicht schwächelte und mit den Krücken klar kam, wurde mir die
Heimreise erlaubt. Der Krankentransport brachte mich nach Hause, wo schon alles vorbereitet war,
also Toilettesitzerhöhung, Krankenbett, etc.
Zu Hause:
Liebevoll war mir mein Krankenzimmer im Erdgeschoss eingerichtet. Mein Bett war direkt am
Fenster und ich hatte alle technischen Geräte um mich herum, die man bei Langeweile so braucht.
Fernseher, DVD-Gerät, Labtop, Telefon, ...
Natürlich war auch für andere Beschäftigungen gesorgt, ich hatte genügend Bücher, Hörbücher,
Zeitschriften, Kreuzworträtsel, etc. Man kommt trotz der vielen Zeit nicht dazu, alles zu
machen... Viel Besuch erleichtern die 4 Wochen, die man dann noch nicht sitzen darf und so
auch noch nicht das Haus verlassen kann. Allerdings ist ein Gartenstuhl sehr geeignet, um
nicht den ganzen Tag im Bett verbringen zu müssen.
Sehr lästig ist es, dass man wirklich oft auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Socken und
Hosen selbst anzuziehen funktioniert zwar mit der tollen Greifzange und ein bisschen Übung,
aber es geht doch um einiges schneller, wenn man jemanden hat, der einen etwas pflegt. Ich
habe auf einem Bein stehend geduscht, sobald ich zu Hause war. Jedoch hatte ich immer
jemanden dabei, der mir Halt beim Ein- und Aussteigen aus der Dusche gab.
Dann gab es exakt 6 Wochen später, nachdem ich das neue Röntgenbild (Krankentransport zum
Orthopäden im Ort) nach Wuppertal geschickt hatte, das OK zum Sitzen. Das geht nach einer
Weile auch recht gut. Kneipenbesuche abends oder Eiscafe nachmittags geht dann schon wieder.
Wie man ins Auto kommt, hat man auch wieder schnell raus. Die Narben sind bei mir 13cm(Beckenkamm)
, 6,5 cm (Schambein) und 8,5cm (Hintern) lang. Die Schrauben merke ich schon manchmal, die Schraubenköpfe
kann man unter der Narbe auch spüren.
Gymnastik soll man schon im Krankenhaus anfangen. Die Übungen werden nach der 6-Wochen-Kontrolle
erweitert. Nach 12 Wochen hatte ich den Kontroll-Termin in Wuppertal. Ich durfte mit der
Belastung anfangen (mit 20kg) und diese nach 2 Wochen steigern. Nach 6 Wochen sollte ich
Volllast ausprobieren und mehr und mehr versuchen, mich nicht auf die Krücken zu stützen.
Die 20 Minuten Krankengymnastik, die ich 2 mal die Woche hatte, hätte ich mir sparen können.
Nicht aber deshalb, weil ich es alleine gekonnt hätte, sondern weil ich einfach doch nicht
diszipliniert genug war, mehrmals täglich alleine ausreichend Gymnastik und Sport zu treiben.
Schwimmen und Fahrradfahren ging bei mir sehr früh wieder, aber so richtig zu laufen ohne
Krücken ging nur wenige hundert Meter. Ich habe dann einen Antrag auf ambulante Reha gestellt,
weil ich eine stationäre Reha für einen psychischen Rückschritt gehalten hätte.... (wieder weg
von zu Hause, ähnliche Atmosphäre wie im Krankenhaus...). In der Reha hatte ich 3 Termine pro
Woche und blieb jeweils für 2-3 Stunden - Krankengymnastik inklusive. Genau den Weg mit der
ambulanten Reha würde ich bei der nächsten Hüft-OP wieder gehen.
Wie geht es mir heute?
Mir geht es gut. Und die rechte, operierte Seite ist definitiv schmerzfreier als die
unoperierte Seite. An schlechten Tagen merke ich es noch im Oberschenkel, aber ich behaupte,
dass das immer noch die Muskeln sind. Man sollte wirklich viel für den Muskelaufbau und die
Beweglichkeit tun!!
Man sagt mir heute, dass mein Gangbild besser ist. Ich bin vorher etwas x-beinig gelaufen, das
ist nun weg :) Die Narben sind akzeptabel. Die am Schambein ist fast nicht zu sehen. Dafür sind
die beiden anderen etwas unsymmetrisch und breit verwachsen. Ein Arzt meinte, dass ich zu
schlechter Narbenbildung neige - bei manchen ist die grosse Narbe nur ein Strich, bei mir ist
sie an manchen Stellen fast 1 cm breit :(
Ich habe schnell meine Hüfte vergessen, als ich wieder im Wintersemester 2006 angefangen habe,
zu studieren. Deshalb kommt mein Bericht auch jetzt - ich habe mich einfach nicht mehr
grossartig damit beschäftigen müssen, was mit Sicherheit nur positiv zu werten ist.
Etwas über ein Jahr später wurden die Schrauben entfernt. Dies ist absolut keine grosse Sache.
Ich hatte so gut wie keine Schmerzen und hätte am Tag nach der OP das Krankenhaus verlassen
können. Man kann schon am selben Tag voll auftreten, doch tut dies nach ein paar Schritten
etwas weh. Schon nach wenigen Tagen bin ich im Haus ohne Krücken gelaufen und habe sie nur bei
längeren Strecken benutzt.
Fazit
Ich bin zufrieden. Es hat sich sicher gelohnt und es ist alles gut gelaufen. Die OP und der
Prozess danach war nicht so schlimm wie ich vorher gedacht hatte. An manchen Tagen habe ich
auch heute (14 Monate später) noch leichte Schmerzen, aber vor ein paar Tagen war ich den
ganzen Tag auf dem Felsenmeer im Odenwald klettern und ich habe absolut nichts gemerkt.
Ich überlege, ob und wann ich die linke Seite operieren lassen werde.
April 2007, Helena
Die hier veröffentlichten Erfahrungsberichte geben die subjektive Meinung der
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