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Erfahrungen
Hallo Zusammen,
… wir schreiben das Jahr 1968. Es ist die Zeit der Studentenrevolte, die Menschheit
bereitet sich auf die erste Mondlandung vor. Ich wurde als das zweite von fünf
Kindern in den frühen Morgenstunden des 19. Juli geboren. Um es gleich vorweg zunehmen,
von meinen Geschwistern habe nur ich eine Hüftdysplasie und somit die A….karte gezogen.
Meine Kindheit
Selbst in den nachfolgenden Vorsorgeuntersuchungen waren offensichtlich keine Auffälligkeiten
festgestellt worden. Im Alter von einem Jahr verfolge ich schreiend in den Armen meiner
Mutter die Landung des ersten Menschen auf dem Mond. In den nächsten 6 Jahren
verbrachte ich eine völlig sorgenfreie Kindheit, die mit der Einschulung ein jähes
Ende fand; der Ernst des Lebens hatte begonnen. Selbst in dieser Zeit fiel niemanden
meine Hüftdysplasie auf. Erst im 5. Schuljahr bemerkte man, dass die Leistungen im Schulsport
hinter denen meiner Kameraden zurücklagen. Nach dem Besuch unseres Hausarztes fuhren
meine Eltern mit mir in eine bekannte Uni-Klinik.
Nach Stunden des Wartens, Röntgenuntersuchungen, etc. wurden meine Eltern und
ich in das Chefarztzimmer gerufen. Dort wurde uns mitgeteilt, dass ich eine hochgradige
angeborenen Hüftdysplasie habe. Des weiteren wurde uns mitgeteilt man solle besser
keine Umstellung oder sonstige Operationen machen, da ich mit grosser Wahrscheinlichkeit
sowieso mit spätestens 20 Jahren im Rollstuhl sitzen würde.
Für meine Eltern und mich brach damit erst einmal eine Welt zusammen…
Meine Lehr- und Studienzeit
Im Jahre 1986 machte ich meinen Realschulabschluss und ging nach den
Ferien ein weiteres Jahr auf die höhere Handelsschule. In dieser Zeit machte
sich allmählich die aus der Hüftdysplasie resultierende Beinlängendifferenz
bemerkbar und mein Gangbild wurde schleichend schlechter. Ich bekam von meinem
Orthopäden ein Schuhausgleich (2cm) verordnet und darüber hinaus Krankengymnastik,
die ich von da an fleissig absolvierte.
Nach dem Beenden der Höheren Handelsschule begann ich eine Ausbildung als Kaufmann
im Gross- und Aussenhandel in einem Grosshandel für Sanitär- und Heizungswaren.
Mir machte die Ausbildung sehr viel Spass, so dass ich vorzeitig die Abschlussprüfung
absolvierte. Danach machte ich eine weitere Ausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer.
Die Arbeit auf dem Bau machte mir trotz körperlicher
Anstrengung sehr viel Spass, sodass ich auch hier schon nach zwei Jahren meine
Ausbildung vorzeitig abschliessen konnte. Dennoch war mir schnell klar, dass ein
körperlich anstrengender Beruf für meine HD nicht das richtige sein konnte.
So entschloss ich mich mein Fachabitur nachzumachen. Danach entschloss ich mich es
mit dem Studieren zu versuchen und begann schliesslich 1990 mein Studium der
Ver- und Entsorgungstechnik (Fachrichtung: technische Gebäudeausrüstung).
Während eines Fussballspiels knickte ich unglücklich mit dem Fuss um und musste
mich in ärztliche Obhut begeben. Also suchte ich mir notgedrungen einen Orthopäden.
Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass es sich um eine
ausgewachsene Bänderdehnung handelte und zum Glück nichts gebrochen war. Der Orthopäde
bemerkte natürlich meine HD und ich stimmte einer Röntgenkontrolle meiner Hüfte zu,
nachdem meine Bänderdehnung ausgeheilt war.
Tripleosteotmie?
Nach dem Röntgen und Untersuchung der Beweglichkeit fragte mich der Doc
anschliessend warum ich mich noch nicht operieren lassen habe und schlug eine
entsprechende Umstellungsoperation (Triple) vor. Schnell machte sich eine panikartige
Angst in meinem Kopf breit. Eh ich mich versah, hatte der Orthopäde einen
Dringlichkeitstermin im einer Fachklinik vereinbart.
Nur eine Woche später wurde ich dort von zwei Ärzten
eingehend untersucht mit dem Ergebnis, dass man eine Triple zwar machen könnte,
diese in meinem Fall jedoch nur für ein paar Jahre was bringen würde. Zudem war
meine absolute Schmerzfreiheit ein weiteres Argument gegen die OP.
Tenor das Arztes „lassen sie da niemanden mit dem Messer ran, solange sie keine Schmerzen haben“
Man schlug mir vor regelmässig Krankengymnastik zu machen. Aus dieser Geschichte habe ich
gelernt nicht gleich der ersten und besten „Meinung“ nachzugehen.
Ich war froh mein Studium nicht unterbrechen zu müssen, und so machte ich mich
auf die Suche nach einem fähigen Krankengymnasten. Nachdem ich einige unfähige
KG-Praxen ausprobiert hatte, kam ich in die Hände eines Osteopathen. Die Osteopathie
war mir bis dahin eine völlig unbekannte Behandlungsform. Gleich in der ersten
Sitzung wurden diverse Wirbelkörper meiner Wirbelsäule wieder eingerenkt (hatte bis dahin niemand erkannt).
Schnell erstellte ich zusammen mit meinem Osteopathen ein entsprechendes Behandlungsprogramm
zum Muskelaufbau und zur Verbesserung des Gangbildes. Schon nach kurzer Zeit
stellten sich auch erstaunliche Erfolge ein. Das Hinken verschwand fast
vollständig, durch den Muskelaufbau ging es mir blendend. Die Mitmenschen die
mich nur gelegentlich sahen, sprachen mich öfter darauf an.
(Auch heute noch gehört dieser Osteopath zu meinen wichtigsten Ansprechpartnern,
wenn es um Entscheidungen bezüglich meiner Hüfte geht, im nachhinein ist in meinen
Augen die Osteopathie ein wirksameres Mittel zur Behandlung einer HD als die klassische KG).
1995 beendete ich nach 10 Semestern erfolgreich mein Studium und durfte mich
fortan Dipl.-Ing . Versogungstechnik schimpfen.
In dieser ganzen Zeit gehe ich zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik,
stelle jedoch seit 2002 eine nachlassende Belastungsfähigkeit fest. Die Strecken,
die ich ohne Pause gehen kann, werden immer kürzer. Auch eine Kur, die ich 2002 gemacht habe,
brachte nur für kurze Zeit Besserung. Dennoch hatte ich keine Schmerzen und habe bis
dato auch keine Schmerzmittel genommen.
Wie geht es weiter?
Am 23.11.04 werde ich bei meinem Orthopäden vorstellig.
Tja, ich erinnere mich noch ganz genau an den diesen Tag als ich im Untersuchungszimmer
meines Orthopäden sass und er mir auf dem Flachbildschirm meine brandaktuellen
Röntgenbilder präsentierte.
Als er mir dann offenbarte, dass mir nur noch ein künstliches Hüftgelenk helfen könne,
spürte ich diese unangenehme Hitze aus der Magengegend in mir hochsteigen… seine
weiteren Erklärungen „Gelenkspalt rechts gleich null…. Fortgeschrittene Cox-Arthrose…“
nahm ich schon nicht mehr wahr.
Auf meine Frage, ob es Altnernativen gibt, insbesondere McMinn und Triple,
antwortete er mir, das für eine McMinn der Hüftkopf zu sehr deformiert ist, und
für eine Triple die Arthrose bereits zu weit fortgeschritten ist.
Es dauerte ungefähr eine Woche bis ich mich wieder gefangen hatte und mich so
langsam mit den Gedanken an ein künstliches Hüftgelenk befasste.
„Suchen Sie sich eine schöne Klinik aus“ waren seine letzten Worte. Ich habe seitdem
die Praxis nur noch zum Abholen der Überweisungen betreten.
Wenn (H)einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen.
Wer sich als Mensch - oder schlimmer noch als Patient - in diese Welt wagt, kommt
meist erschöpft aus dem Ambulanz-Dschungel gekrochen. Vollgestopft mit
Informationen aus dem Internet, Empfehlungen und vielen (guten) Ratschlägen, aber
dennoch immer ständig rat- und rastlos machte ich mich auf die Reise durch diverse
Ambulanzen, Kliniken und Fachkrankenhäuser. Die Odyssee begann…
Nur dass Odysseus, als er Heim kehrte, wenigstens ein paar Monster aus dem Weg
geschafft hatte. Heiner dagegen kehrte Kopf schüttelnd in die Arme der (verständnislosen)
Familie zurück. Bei mir waren die Monster (Angst, Unentschlossenheit und fehlendes Vertrauen)
immer noch im Kopf vorhanden…
Ich habe viel gesehen und viel gehört. Im Nachhinein muss ich leider sagen, dass ich
auch manchmal falsches zu hören bekommen habe. Da war z.B. der sehr nette
Assistenzarzt, der doch allen Ernstes vorgeschlagen hat, ein Teil des
Oberschenkelknochens (Stück aus der Mitte!) zu entfernen um die BL-Differenz
auszugleichen, Sachen gibt’s! Aber wie gesagt, wenn (H)einer eine Reise macht…
Ein Aufzählen der einzelnen Kliniken und die dort gemachten Erfahrungen würde jetzt
zu weit führen (und wer liest schon gerne ellenlange Beiträge?), wer jedoch
genaueres wissen möchte, kann mich gerne per Email anschreiben.
Vielleicht war es einfach nur Glück, dieser einen letzten Empfehlung nachzugehen.
Im Grunde genommen wollte ich kein Krankenhaus und keinen weissen Kittel mehr sehen.
Zumindest war nach dem Besuch in der Ambulanz und einem weiteren Telefongespräch das
Gefühl von Vertrauen erstmals vorhanden.
Eine Odyssee der Unentschlossenheit geht zu Ende…
In der Gewissheit und mit einem sehr guten Bauchgefühl habe ich dann den Termin
für die OP klargemacht.
Fazit:
Lasst Euch nicht irre machen (auch wenn´s schwer fällt) und folgt
letztlich Eurem Bauchgefühl. Möge die Entschlusskraft mit Euch sein !!
Ach so, wofür ich mich entschieden habe?
Also, ich werde mich in Wuppertal von Dr. Cordier operieren lassen, am 11.01.2006
Fortsetzung folgt….
Die hier veröffentlichten Erfahrungsberichte geben die subjektive Meinung der
betreffenden Personen wieder. Eine Zustimmung zur Veröffentlichung liegt mir
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