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Erfahrungen
Hallo, ich heisse Antje und komme gern Bettinas Bitte nach, für diese
wundervolle Website auch meine Erfahrungen aufzuschreiben. Ich bin verheiratet und
Mutter einer Tochter, habe Chemie studiert und arbeite als Angestellte in einer Landesbehörde,
wo ich mit der Beseitigung ökologischer Altlasten beschäftigt bin.
Vorgeschichte
Hüftdysplasie, dieses Wort begleitet mich, soweit meine Erinnerungen zurückreichen,
denn dieses Wort musste ich schon sehr früh mit Beeinträchtigungen, Verboten, Operationen
und Schmerzen in Verbindung bringen, und dabei hatte eigentlich alles so gut angefangen.
Als ich am 24. Dezember 1963 in Gotha (Thüringen und ehemalige DDR) zur Welt kam,
freuten sich meine Eltern über das scheinbar gesunde "Christkind". Mag sein, dass
ich ein wenig zu früh kam, dass ich deswegen auch recht klein und untergewichtig war,
aber ich war ein Wunschkind. Definitiv.
Erst als ich etwa eineinhalb Jahre alt war, wunderte man sich darüber, dass dieses
Kind, das sonst keinerlei Anzeichen von Entwicklungsverzögerungen zeigte und bereits
anfing, in Sätzen zu sprechen, überhaupt keine Anstalten machte, sich freiwillig
hinzustellen oder gar zu laufen. Aber dann hat man wohl ein wenig nachgeholfen
und irgendwann lief ich doch. Dabei fiel allerdings auf, dass ich beim Laufen
"watschelte", was meine Eltern veranlasste, umgehend einen Orthopäden aufzusuchen.
Diagnose: Hüftdysplasie
Dieser Orthopäde schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Das Röntgenbild zeigte eine schwere
beidseitige Hüftdysplasie, links war das Gelenk vollständig luxiert, rechts war es
nicht ganz so schlimm, man sprach hier von einer Subluxation.
Von diesem Moment an änderte sich das Leben meiner ganzen Familie. Das darauf folgende
Jahr verbrachte ich überwiegend im Krankenhaus. Man versuchte mit Streckverbänden,
Gewichten und Spreizlagerung die Stellung der Hüftgelenke zu korrigieren. Irgendwann - ich
war knapp zwei Jahre alt - musste man aber einsehen, dass die Luxation links nur durch eine
Reponierungs-OP beseitigt werden konnte, was dann auch erfolgreich durchgeführt wurde.
Danach musste ich noch monatelang einen Gips tragen, später bekam ich Spreizbandagen,
und ich durfte lange Zeit nicht laufen. So ganz nebenbei entwickelte ich aus lauter
Frust eine frühkindliche Ess-Störung.
Aber irgendwann - ich glaube, ich war 5 Jahre alt - lernte ich doch wieder laufen
und hatte danach kaum noch Probleme. Als ich in die Schule kam - klein und dünn
war ich da immer noch -, fehlte mir beispielsweise das Einsehen dafür, dass ich
nicht am Sportunterricht teilnehmen durfte. Ich konnte wunderbar turnen, habe aus dem
Stand eine Brücke hingezaubert, beherrschte ohne grosses Training die gängigen Turnübungen
einschliesslich Spagat.
Meine Vergangenheit holt mich ein...
Doch mit der Pubertät kamen die Schmerzen zurück, und das Röntgenbild zeigte
wieder einen äusserst schlechten Befund. Man sagte mir und meinen Eltern, dass ich
unbedingt operiert werden müsse, weil ein Bagatellunfall links erneut zu einer
Luxation führen könne. Damals war ich 14 Jahre alt.
Und weil das Gothaer Krankenhaus keinerlei Erfahrungen mit der erforderlichen OP hatte,
wurde ich in eine weit entfernte Uniklinik überwiesen, deren Namen ich aus guten Gründen hier nicht
nennen möchte. Geplant war es, links eine intertrochanter varisierende Umstellungsosteotomie
und eine Beckenosteotomie nach Pemberton vorzunehmen. Nach etwa einem Jahr sollte in einer
Narkose links das Metall entfernt und rechts eine Umstellungsosteotomie gemacht werden.
Es kam dann aber ganz anders.
Der Eingriff links verlief nämlich nicht komplikationsfrei, um ehrlich zu sein, es
ging so ziemlich alles schief, was schief gehen konnte. Es gab u.a. Nachblutungen,
einen allergischen Schock, unangenehme Narkosenachwirkungen und eine sehr üble Infektion.
Die Klinik hatte nämlich ein Problem mit verschiedenen Keimen, zwei Tage nach meinem
Eingriff wurden dort aus diesem Grund die OP-Räume gesperrt.
Etwa 14 Tagen nach der OP bekam ich eine schwere Wundinfektion mit akutem Nierenversagen
und verschiedenen Sekundärinfektionen u.a. im Knochenmark, und ich musste erneut unters Messer.
Aus den ursprünglich veranschlagten 2 Wochen wurden 9 Wochen, und als ich dann wider Erwarten diese
Klinik lebend verlassen konnte, hatte ich nicht nur 10 Kilogramm Körpergewicht sondern auch jedes
Vertrauen in diesen "Laden" verloren. Zudem war mein Immunsystem geschwächt, denn ich nahm von da an
jede Infektion mit, die durch die Luft flog. Die Muskulatur war infolge dieser OP nachhaltig geschädigt,
und viele Leute fragten mich, warum ich das überhaupt habe machen lassen, es sei doch jetzt
alles viel schlimmer als vorher. Dieser Eindruck entstand wohl wegen meines verheerenden
Gangbildes, denn vor der OP war ich fast normal gelaufen. Bis heute verbinde ich mit der an
sich schönen Grossstadt einen Alptraum, und als ich später diese Klinik noch einmal betreten
musste, bekam ich Panikattacken. Falls jemand das lesen sollte, der sich möglicherweise
zusammenreimen kann, um welche Uniklinik es sich hier gehandelt haben könnte, möchte ich noch
anmerken, dass dieser Vorfall über 20 Jahre zurückliegt und dass sich mit der Wende
die Zustände in diesem Krankenhaus sicher deutlich gebessert haben.
Meine Eltern hatten angesichts der Umstände ein Einsehen, denn die Metallplatte wurde dann
3 Jahre später im altertümlichen Gothaer Kreiskrankenhaus entfernt, und die nicht ganz
so schlimme rechte Seite blieb erst einmal wie sie war.
Ich machte das Abi, studierte und heiratete. Meine Hüften überstanden problemlos eine Schwangerschaft
und einen relativ leichtsinnigen Lebenswandel. Mein Gangbild hatte sich im Laufe von Jahren durch
intensives Training deutlich gebessert und nur wenige Menschen in meinem Freundeskreis wussten
von meiner Vergangenheit. Den Spagat habe ich aber seit der
OP nicht wieder hinbekommen.
Umstellunsosteotomie
Erst 1996 habe ich die Umstellungsosteotomie an der rechten Hüfte vornehmen lassen,
weil die Beinlängendifferenz von fast 4 cm zu Überlastungsschmerzen und Rückenbeschwerden geführt
hatte. Damals lebte ich in Meiningen. Dr. Buchner, der Chefarzt der Meininger Orthopädie, hatte vor
der Wende in Augsburg praktiziert. Als ich mich bei ihm vorstellte, fasste ich sofort Vertrauen in
seine ruhige und überlegene Art, und der Erfolg sollte mir Recht geben. 1996 wurde ich an der
rechten Hüfte operiert und 1998 wurde ebenfalls in Meiningen die Metallplatte entfernt.
Danach sah meine rechte Hüfte im Röntgenbild fast jungfräulich aus. Hier in Meiningen machte ich
gleich zweimal die Erfahrung, dass Operationen durchaus auch ohne Komplikationen ablaufen können.
Arthrose
Wenn man von Geburt an Hüftdysplasie hat, dann lernt man es, mit Schmerzen umzugehen
und man macht sich auch keine Gedanken, wenn die Hüfte gelegentlich mal weh tut. Das
ist schliesslich normal. Ich hatte immer die Auffassung vertreten, dass man - wenn man es will -
auch mit einer Hüftdysplasie alles schaffen kann, was andere auch tun.
Dieser Glaube wurde im Frühjahr des Jahres 2003 - ich wohnte inzwischen wieder in Gotha -
nachhaltig erschüttert. Zusammen mit meiner Familie und Bekannten machte ich einen Ausflug
nach Berlin. Wir schlenderten durchs Pergamonmuseum, dann ärgerten wir uns über den
Eintrittspreis für den Berliner Dom, wir liefen die "Strasse unter den Linden" entlang,
durchschritten das Brandenburger Tor, um schliesslich dem Reichstag einen Besuch abzustatten.
Danach ging bei mir gar nichts mehr. Jeder Schritt kostete ungewöhnlich viel Anstrengung, es knirschte
und krachte im linken Hüftgelenk und ich hatte höllische Schmerzen.
Um überhaupt zum Auto zurück zu kommen, musste ich eine Taxe anheuern.
Zunächst dachte ich, dass meine Beschwerden die Folge der Überlastung seien, aber
der Schmerz liess nicht nach. Der Orthopäde, den ich danach aufsuchte, erklärte mir,
dass ich eine Arthrose habe. Der Gelenkspalt war deutlich schmaler als auf der
rechten Seite. Ich erfuhr auch, dass die Fehlbelastung im Gelenk trotz der
vorangegangenen Eingriffe immer noch erheblich sei. Der Oberschenkelhals war
in besagter Uniklinik überkorrigiert worden und befand sich nun in einer Coxa vara
Position, und trotz der Beckenosteotomienach Pemberton war die Pfanne immer noch
viel zu klein und zu flach. Es war damals bereits abzusehen, dass ohne Behandlung das Gelenk innerhalb
weniger Jahre durch die Arthrose zerstört werden würde. Dieser Orthopäde vertrat
die Auffassung, dass eine Endoprothese bei meiner Vorgeschichte mit einem ungleich
höheren Risiko verbunden sei und riet mir davon ab. Stattdessen schlug er die mir
bis dahin völlig unbekannte Triple-Osteotomie nach Tönnis vor.
Triple-Osteotomie nach Tönnis!?
Also besorgte ich mir Fachliteratur und recherchierte im Internet, u.a. auf dieser Seite.
Ich muss ganz ehrlich zugeben, was ich damals über die Triple-Osteotomie erfahren
musste, begeisterte mich wenig. Sechs Wochen flach liegen? Ich?
Und von Gotha nach Dortmund war es auch nicht gerade der nächste Weg.
Im Frühjahr 2003 hatten wir nebenher noch andere Probleme, z.B. lag meine Schwiegermutter im
Sterben. Deswegen bekam meine Hüfte zunächst eine untergeordnete Priorität. Als ich im
Sommer des gleichen Jahres den Kopf wieder frei hatte, waren - welch ein Glück - meine
Beschwerden weitgehend verschwunden. So verdrängte ich das Problem und vertiefte
mich in meinen stressigen Alltag. Aber ich vermied in der Folgezeit konsequent
grosse Belastungen.
Der Rest war ein schleichender Prozess. Man nimmt es kaum wahr, wenn die Schmerzen
zunehmend schlimmer werden, ja , man gewöhnt sich sogar an Schmerzen. Die schmerzfreien
Phasen wurden immer kürzer, irgendwann kam Ruheschmerz dazu, der zu den Ileosakral-Gelenken
und zum Knie ausstrahlte. Im Winter 2004 begann ich Medikamente zu nehmen, damit
ich nachts überhaupt schlafen konnte. Auch mein Gangbild wurde zunehmend schlechter.
Im Herbst 2004 bekam ich massive Magenprobleme. Eine Gastroskopie zeigte, dass
sich die Magenschleimhäute wahrscheinlich infolge der Schmerzmedikamente entzündet
hatten. Nun musste ich auch noch Tabletten für den Magen einnehmen. Aber ausschlaggebend war
dann ein Ereignis im Oktober 2004, als mir nämlich eine Omi im Bus einen Sitzplatz anbot.
Dieser Schock sass sehr tief. Nein, so wollte ich nicht mehr weiter leben, jetzt musste etwas passieren!
Über das Internet habe ich dann erfahren, dass in Bad Berka (Nähe von Weimar) auch
die dreifache Beckenosteotomie durchgeführt wird. Todesmutig liess ich mir im November 2004
dort einen Termin geben und war bereit, alles in Kauf zu nehmen, was auf mich zu kommt,
Hauptsache, die Beschwerden verschwinden.
Es kam dann wieder ganz anders...
Das neue Röntgenbild zeigte eine böse Überraschung. Der vor nicht einmal 2
Jahren noch deutlich sichtbare Gelenkspalt hatte sich weitgehend in Wohlgefallen
aufgelöst und man stellte mir die Frage, ob ich noch zu Fuss gekommen sei. Nun war
von einer fortgeschrittenen Arthrose die Rede und die einzige Empfehlung lautete:
"Endoprothese (TEP)". Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich hatte noch immer die
warnenden Worte meines damaligen Orthopäden bezüglich der TEP in den Ohren und
fragte nach Alternativen. Aber auch hier wurde ich enttäuscht.
Eine Oberflächenendoprothese, wie z.B. nach Mc Minn sei kontraindiziert, weil der Oberschenkelkopf
bereits deformiert war, und weil die Pfanne zu flach sei, müsse man zudem eine
Pfannendachplastik aufbauen, damit das Implantat im Becken überhaupt
verankert werden könne.
Frustriert packte ich die Röntgenbilder ein und beschloss, bis Weihnachten keinen
Gedanken mehr an meine Hüfte zu verschwenden, was sich aber angesichts der Schmerzen
als kaum durchsetzbar erwies. In den Wintermonaten zu Beginn des Jahres 2005
suchte ich noch verschiedene Kliniken auf, überall bekam ich annähernd das
Gleiche zu hören, lediglich in Bezug auf die Pfannendachplastik schienen die Meinungen
auseinander zu gehen.
Dann erinnerte ich mich an Dr. Buchner in Meiningen, und ich beschloss, auch
ihn um Rat zu fragen.
Die orthopädische Klinik Meiningen
Dr. Buchner hatte mich auch sofort wieder erkannt, was nach 8 Jahren nicht unbedingt
selbstverständlich ist. Wie ich erst später erfuhr, macht auch er die Dreifache. Bei der rechten
Hüfte wurde damals nur die Oberschenkelhalsumstellung gemacht, weil so mit geringerer
Belastung für mich ein ähnlich nachhaltiges und gutes Ergebnis erreicht werden konnte.
Die aktuellen Röntgenbilder bestätigen das. Die rechte Hüfte sieht heute richtig
gut aus, damit komme ich gewiss noch 10 bis 15 Jahre über die Runden, mehr hätte
in diesem Fall bei der Dreifachen auch nicht erreicht werden können.
Anders bei der linken Seite. Hier wäre eine Dreifache durchaus sinnvoll
gewesen, wenn ich eher gekommen wäre.
Er hat sich viel Zeit genommen und sagte mir bei der
Konsultation, dass bei dem Implantat, das er verwende, keine Pfannendachplastik
erforderlich sei. Ein Modell dieser Endoprothese lag auf dem Tisch und ich
durfte es eingehend begutachten. Erstaunlich leicht lag es in meiner Hand.
Die künstliche Pfanne bestand aus einer Titanlegierung und war innen mit
hochverdichtetem Polyethylen ausgekleidet. In die Aussenseite der Pfanne war ein
Gewinde geschnitten. Der Schaft bestand ebenfalls aus einer Titanlegierung, daran
befestigt war eine Keramikkugel als künstlicher Kopf. Man gibt den modernen
Implantaten heute eine Lebensdauer von etwa 15 Jahren, danach ist problemlos
noch ein Wechsel möglich. Dr. Buchner erklärte mir ausführlich den Operationsverlauf,
zeigte mir auch im Röntgenbild, wo er im Becken die künstliche Pfanne einpassen
wollte. Und was noch ganz wichtig ist, in Meiningen werden Endoprothesen - egal ob
Knie oder Hüfte - grundsätzlich zementfrei eingesetzt, lediglich in Ausnahmefällen,
z.B. bei gleichzeitig bestehender Osteoporose, greift man noch auf den altbewährten
Knochenzement zurück. Der Zugang erfolgt in Meiningen von der Seite.
Als ich Dr. Buchner nach der Oberflächenendoprothese fragte, zeigte er sich wenig
begeistert. Natürlich geht das bei mir nicht, das hatte ich ja inzwischen
überall gehört. Er sagte mir aber auch, dass dieser Oberflächenersatz in
Meiningen gar nicht eingesetzt werde, weil man von den Erfolgsaussichten nicht
überzeugt sei. (Aber das sei nur am Rande erwähnt.)
Später befragte ich noch meine Orthopädin, denn die Tatsache, dass mir die eine Klinik sagte,
dass sich bei mir ohne Pfannendachplastik keine Endoprothese einpassen lasse,
während Dr. Buchner darauf verzichten wollte, hatte mich zunächst verunsichert.
So erfuhr ich, dass die verschiedenen Operateure mit unterschiedlichen Techniken und
Implantaten arbeiten, und dass es zu den Implantaten Herstellerempfehlungen gebe.
Gemäss dieser Empfehlung würden dann die Operateure bei Bedarf Pfannendachplastiken herstellen
oder auch nicht, die Implantate einzementieren oder auch nicht und auch der Aufbau der Belastung
nach der OP richtet sich wohl nach der jeweiligen Herstellerempfehlung.
Nun überlegte ich nicht mehr lange, und ich lies mir einen Termin in Meiningen geben.
Die Operation
Es wird empfohlen, vor grösseren Eingriffen eine Eigenblutspende abzugeben. Ich
denke heute, dass das Ganze eher einen psychologischen Effekt hat, denn die Angst
vor einer Infektion mit Hepatitis B oder gar HIV durch Bluttransfusionen ist
unweigerlich da, obwohl das tatsächliche Infektionsrisiko heutzutage äusserst
gering ist. In modernen OPs wird übrigens das verlorene Blut aufgefangen,
gereinigt und dem Körper wieder zugeführt. So kann auch bei grossen OPs der Blutverlust
relativ gering gehalten werden.
Trotzdem wollte auch ich für mich selbst Blut spenden.
Doch hier gab es wieder eine Überraschung. Mein HB-Wert (normal liegt er bei 12 bis 14 mmol/l)
lag bei beachtlichen 6.7 mmol/l. Mein Hausarzt erklärte mir, dass die Anämie wohl
eine Nebenwirkung meines Magenmedikamentes sei.
Lange Rede kurzer Sinn, die Eigenblutspende musste ausfallen, und ich habe in den
Wochen vor der OP literweise Kräuterblut getrunken.
Am 1. Juni 2005 war es dann soweit. Mit fast normalen Blutwerten wurde ich im Krankenhaus
aufgenommen. Angesichts der wirklich schlimmen Schmerzen war ich selbst in den
letzten Tagen vor der OP zuversichtlich und gelassen. Schliesslich kannte ich das
alles schon und ich hatte Vertrauen zu Dr. Buchner. Meine Mitmenschen haben das
teils mit Verständnislosigkeit teils mit Bewunderung wahrgenommen, aber was blieb
mir auch anderes übrig?
Am 2. Juni 2005 wurde ich operiert. Es verlief alles glatt, und ich war hochmotiviert,
möglichst schnell wieder auf die Beine zu kommen. Etwa eine Woche nach der OP
hatte ich nachts ein Erlebnis. Aus irgend einem Grunde konnte ich nicht schlafen,
warum wusste ich nicht, denn mir tat eigentlich gar nichts weh. Und dann kam mir ein
merkwürdiger Gedanke. Ich schweifte in der Erinnerung des letzten Jahres zurück und
musste mir eingestehen, dass ich eine solche Schmerzfreiheit schon lange nicht mehr
erfahren hatte. So kam es, dass ich schon eine Woche nach der OP keinerlei
Zweifel mehr an ihrem Erfolg hatte. Im Nachhinein muss ich aber einräumen, dass
auch die gute Schmerztherapie zu dieser Überzeugung beigetragen haben wird.
Zwei Wochen blieb ich im Krankenhaus, unmittelbar daran schloss sich die Anschlussheilbehandlung
in einer Rehaklinik an. Auch hier traf ich eine gute Wahl. Insgesamt 4 Wochen verbrachte
ich in der Kurpark-Klinik Dr. Lauterbach in Bad Liebenstein, wo ich jeden Tag neue
Fortschritte machte.
Wie geht es mir heute?
Inzwischen sind 3 Monate seit der OP vergangen, und ich darf die Hüfte wieder voll belasten.
Zu Hause benötige ich keine Gehhilfen mehr, denn kurze Strecken kann ich fast perfekt laufen.
Da ich aber diesen fast perfekten Gang noch nicht lange durchhalte, benutze ich die
Gehhilfen noch, wenn ich das Haus verlasse. Zusätzlich arbeite ich zu Hause täglich
mindestens 2 Stunden an der Kräftigung der Muskulatur, was sehr sehr wichtig ist.
In wenigen Tagen will ich wieder meinen Dienst aufnehmen, zunächst nur für 4 Stunden am Tag,
aber ich rechne damit, dass ich Mitte Oktober wieder voll arbeitsfähig sein werde.
Die Schmerzen sind weg und ich bin endlich wieder belastbar. Irgendwann wird mich nur
noch eine knapp 20 cm lange Narbe an die Operation erinnern.
Fazit
Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich das Richtige getan habe. Zwar bekomme ich
immer wieder von Leuten zu hören, dass ich doch eigentlich viel zu jung sei.
Ich antworte dann immer, dass ich es gerade weil ich jung bin machen musste.
Sollte man nicht gerade als junger Mensch ein Mindestmass an Lebensqualität haben?
Natürlich ist mir bekannt, dass in 30 Jahren das Austauschimplantat verschlissen sein
kann und dass dann ein weiterer Wechsel nach heutigem Stand der Technik nur schwer bis
gar nicht realisierbar wäre. Aber ich weiss doch nicht einmal, ob ich in 30 Jahren noch lebe?
Und wer weiss, was in 30 Jahren ist? Vielleicht hat man ja bis dahin noch ganz
andere Möglichkeiten als heute?
Ich denke, das ist mit einem kaputten Zahn vergleichbar. Solange ein Zahn erhalten
werden kann, wird das jeder seriöse Zahnarzt auch tun. Aber wenn das nicht mehr geht,
dann sollte der Zahn so schnell wie möglich gezogen und ersetzt werden. So ähnlich sehe
ich das bei der Hüfte auch. Solange man das Gelenk erhalten kann, sollte man auch
Operationen nicht scheuen. Wenn dem aber nicht so sein sollte, dann muss man nur wissen,
dass es zum Glück gute Möglichkeiten und Wege der Hilfe gibt.
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Tipps an alle weiter geben, die vielleicht ähnlich betroffen sind:
1. Wartet nicht zu lange. Wenn die Arthrose das Gelenk zerstört hat, dann
verbessert sich der Zustand ohne OP nicht mehr. Je länger man dann wartet, desto mehr
schleichen sich Schonhaltungen und Fehlbelastungen ein, die sich auch auf die benachbarten
Gelenke und die Wirbelsäule negativ auswirken.
2. Diese Schonhaltungen sind mit Verkürzung von ganzen Muskelgruppen verbunden.
Meist sind dann schmerzhafte Dehnungsübungen erforderlich, um später wieder eine
normale Körperhaltung zu erlernen. Wenn Ihr Euch etwas Gutes tun wollt, dann dehnt den
Hüftbeuger schon vor der OP, es soll dann nicht ganz so schmerzhaft sein, denn durch die
OP wird die Muskulatur in der Regel zusätzlich gedehnt.
3. Hände weg von Robodoc!
Der Robodoc galt eine ganze Zeit lang als Innovation bei der Implantation von Hüftendoprothesen.
Bei Robodoc handelt es sich um einen computergesteuerten Roboter, der sehr präzise arbeitet
und den Operateur insbesondere bei Fräsarbeiten unterstützt. Mit Robodoc eingesetzte
Endoprothesen sitzen laut Röntgenbefund erfahrungsgemäss korrekt. Das Problem besteht darin,
dass bei seinem Einsatz das Muskelgewebe viel stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als bei
der altbewährten Handarbeit. Es gibt sehr viele Patienten, die nach einer Operation mit
Robodoc grössere Probleme haben als vorher, weshalb seinetwegen sehr viele Klagen vor deutschen
Gerichten anhängig sind. Seriöse Kliniken haben Robodoc, sofern sie ihn je im Einsatz hatten,
inzwischen ausgemustert.
4. Keine Angst vor Schmerzen. Die postoperative Schmerztherapie kann heute sehr viel.
Ich hatte in den 2 Wochen nach der OP weit weniger Schmerzen als in den Jahren davor.
5. Kauft Euch vor der OP neue Schuhe, denn meist ändert sich die Beinlänge. Ich z.B.
bin durch die OP um 2 cm "gewachsen". (für mich ein überaus positiver Nebeneffekt) In der Regel
braucht man dann einen neuen Längenausgleich, was dann bereits in der Klinik veranlasst wird.
Achtet beim Schuhkauf darauf, dass man gut in die Schuhe hineinschlüpfen kann, gleichzeitig
sollte man einen sicheren Halt haben. Dass hohe oder schmale Absätze unmittelbar nach der
OP nicht sonderlich empfehlenswert sind, versteht sich wohl von selbst.
6. Es gibt Gehhilfen mit ergonomischen Handgriffen. Wenn Ihr es durchsetzen könnt,
dann lasst Euch solche geben. Mein einziges Problem nach der OP war nämlich das so
genannte Carpal-Tunnel-Syndrom, welches durch Einengung von Nervenbahnen im Bereich des
Daumens entsteht. Das soll eine Folge des Laufens mit Gehhilfen sein.
7. Nach der OP besteht noch etwa ein Jahr lang die Gefahr, dass der künstliche
Kopf aus der Pfanne rutscht. Man spricht dann von einer Luxation. So etwas sollte
man sich nach Möglichkeit nicht antun. Deswegen müssen bestimmte Bewegungen
unbedingt vermieden werden. Wenn man nachts auf der Seite schlafen will, sollte
man sich ein grosses Kissen zwischen die Beine legen. Im Laufe eines Jahres
bildet sich eine Pseudokapsel um das Gelenk und das Risiko der Luxation verringert sich zunehmend.
8. In der Rehaklinik bekommt man Anleitungen und Empfehlungen, was man alles tun
kann, damit das Implantat möglichst lange hält. Ein Punkt dabei ist ganz besonders
wichtig, nämlich das Körpergewicht. Viele Menschen mit fortgeschrittener Arthrose
landen nämlich in einem Teufelskreis. Das Ganze beginnt mit den Schmerzen oder mit
dem Übergewicht, bei mir begann es mit den Schmerzen. Diese führen nämlich dazu,
dass man Bewegung meidet. Durch fehlende Bewegung verringert man den
Stoffwechselumsatz und man wird bei gleichen Essgewohnheiten dicker, was wiederum
zu einer Verschlimmerung der Arthrose und der Schmerzen führt. Ich rate jedem,
der sich in diesem Teufelskreis befindet, nach der OP so schnell wie möglich
auszubrechen. Man hat dann keine Schmerzen mehr und kann sich bewegen. Also nutzt
es aus. Das Gewicht reduziert sich dann von ganz allein. Seit der OP habe ich fast
5 kg abgenommen, mein BMI liegt jetzt bei 22. Je weniger das künstliche Gelenk tragen muss,
desto länger wird es auch halten.
So, ich hoffe sehr, dass ich allen Betroffenen Mut machen und ein Stück meiner eigenen
Zuversicht weitergeben konnte
Seid alle lieb gegrüsst von
Antje, 07.09.05
Bettina wird sicher gern Fragen an mich weiterleiten, wenn sie noch bestehen sollten.
Die hier veröffentlichten Erfahrungsberichte geben die subjektive Meinung der
betreffenden Personen wieder. Eine Zustimmung zur Veröffentlichung liegt mir
von den jeweiligen Personen vor. Ich übernehme keine Haftung für die
Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der Beiträge. Bitte beachtet auch den Haftungsausschluss!
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